Wer kann eine Bedarfsgemeinschft begründen?
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Herr Müller und Frau Müller sind verheiratet. Aber beide haben schon beim Amtsgericht die Scheidung beantragt. Eine neue Wohnung hat noch keiner der beiden gefunden. Sie bewohnen deshalb getrennte Zimmer in der Ehewohnung und sie wirtschaften voneinander getrennt. Insbesondere kochen und essen beide getrennt. Bilden die beiden noch eine Bedarfsgemeinschaft?
Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen.
Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.
Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."
Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit. Wer hat Recht?
Frau Arm bildet mit Frau F eine Bedarfsgemeinschaft, wenn beide Partner im Sinne von § 7 Absatz 3 SGB 2 sind.
Eine Partnerschaft zwischen unverheirateten (Einstandsgemeinschaft) wird nach § 7 Absatz 3a Nummer 1 SGB 2 vermutet, wenn zwei Menschen mehr als ein Jahr in einem Haushalt leben. Das trifft auf Frau Arm und Frau F zu.
Dabei spielt es keine Rolle ob beide Parter ein verschiedenes Geschlecht haben (eheähnliches Verhältnis) oder ob beide dasselbe Geschlecht haben (partnerschaftsähnliches Verhältnis).
Dass Auch Herr M in derselben Wohnung lebt, steht der Vermutung einer Einstandsgemeinschaft ebenfalls nicht mehr entgegen, weil Frau Arm bereits mitgeteilt hatte, dass sie mit Herrn M kein eheähnliches Verhältnis hat.
Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen. Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.
Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."
Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit.
Es gibt widerlegliche und unwiderlegliche gesetzliche Vermutungen (vgl. § 292 ZPO). Kann Frau Arm die gesetzliche Vermutung einer Einstandsgemeinschaft widerlegen, wenn sie beweist, dass zwischen ihr und Frau F kein partnerschaftsähnliches Verhältnis bestehen kann?
Da es sich um eine widerlegliche Vermutung handelt, könnte Frau Arm theoretisch das Gegenteil beweisen. Allerdings ist es in der Realität schwierig, Beweismittel dafür zu finden, dass zwei Menschen keine Einstandsgemeinschaft bilden.
Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen. Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.
Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."
Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit.
Die zulässigen Beweismittel sind in den Prozessordnungen (StPO, ZPO, VwGO, FGO, SGG) abschließend aufgezählt. Welche Beweismittel gibt es im Verfahren vor dem Sozialgericht nach § 118 SGG in Verbindung mit der ZPO.
Nach § 118 SGG in Verbindung mit den §§ 358 ff. ZPO sind die Beweismittel abschließend aufgezählt:
Dazu zählen nach den §§ 373 ff. ZPO Zeugenaussagen, nach den §§ 392 ff. ZPO Sachverständigengutachten, nach den §§ 415 ff. ZPO Urkunden und nach den § 371 ZPO die Inaugenscheinnahme durch das Gericht.
Auf die Vorschriften über die Parteivernehmung von Kläger und Beklagtem in den §§ 445 ff. ZPO wird in § 118 SGG kein Bezug genommen. Anders als Zeugen sind die Aussagen der Prozessparteien kein Beweismittel.
Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen. Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.
Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."
Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit.
Die zulässigen Beweismittel sind in den Prozessordnungen (StPO, ZPO, VwGO, FGO, SGG) abschließend aufgezählt. Wie kann Frau Arm beweisen, dass sie mit Frau F keine Einstandsgemeinschaft bildet?
Ob Frau Arm mit Frau F wirklich eine sexuelle Beziehung miteinander haben, ist für das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft irrelevant. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die beteiligten heterosexuell, homosexuell oder bisexuell orientiert sind. Aus dem gleichen Grund ist es irrelevant wie viele Betten es in der Wohnung gibt, wie groß diese sind, wie weit sie voneinander entfernt stehen und wer welches benutzt.
Zum Wesen einer Einstandsgemeinschaft gehört es dagegen, dass man gemeinsam wirtschaftet (Aufteilung der Miete, gemeinsames Einkaufen, Nutzung eines gemeinsamen Autos, usw.). Mit der Einrichtung getrennter Fächer im Kühlschrank kann man jedoch nicht beweisen, dass es überhaupt kein gemeinsames Wirtschaften gibt.
Ein eheähnliches oder partnerschaftsähnliches Verhältnis sind exklusiv: Jeder darf nur einen Partner haben. In Deutschland gilt das Prinzip der Einehe(vgl. § 172 StGB). Das gilt für eheähnliche oder partnerschaftsähnliche Verhältnisse entsprechend, auch wenn die Strafbarkeit der Doppelehe auf eheähnliche oder partnerschaftsähnliche Verhältnisse keine Anwendung finden kann. Wenn Frau Arm also beweisen kann, dass Frau F schon in einem eheähnlichen Verhältnis mit Herrn M lebt, steht dies deshalb der Vermutung eines zeitgleichen partnerschaftsähnlichen Verhältnisses zwischen Frau F und Frau Arm entgegen.
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Herr und Frau Arm sind seit mehreren Jahren arbeitslos. Ihr 17jähriger Sohn lebt in ihrem Haushalt. Er ist bereits im dritten Ausbildungsjahr und erhält eine Ausbildungsvergütung, die seinen Regelbedarf und seinen anteiligen Unterkunftsbedarf übersteigt.
Gehört der 17jährige Sohn mit zur Bedarfsgemeinschaft?
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Zu einer Bedarfsgemeinschft können nur Personen gehören, die in demselben Haushalt wohnen. Wonach beurteilt sich, ob mehrere Menschen in demselben Haushalt wohnen?
Anders als das Melderecht gibt es nach dem Sozialrecht nicht mehrere Wohnorte, sondern maßgeblich ist nach § 30 Absatz 3 SGB 1 immer der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes. Das ist der Ort, an dem sich eine Person überwiegend aufhält.
Zur Bedarfsgemeinschaft des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehören nach § 7 Absatz 3 SGB 2 nur dessen Partner und dessen Kinder. Geschwister sind weder Partner noch Kinder und gehören deswegen nicht zur Bedarfsgemeinschaft.
Anders stellt sich die Rechtlage dar, wenn Geschwister zusammen mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft wohnen. Aber das trifft auf Herrn Arm und Frau Reich nicht zu.
Nach § 1601 BGB schulden nur Verwandte in gerader Linie einander Unterhalt. Geschwister sind aber nach § 1589 BGB Verwandte in Seitenlinie.
Ob vermutet werden darf, dass Verwandte einander Unterhalt gewähren, ist in § 9 Absatz 5 SGB 2 geregelt. Es darf vermutet werden, wenn beide Verwandte in einem Haushalt leben und der Verwandte mit dem höheren Einkommen über so viel Einkommen verfügt, dass erwartet werden kann, dass er davon neben seinem eigenen Unterhalt den Bedarf des anderen decken kann. Angesichts der Einkommenssituation von Frau Reich trifft dies auf sie zu. Die Einzelheiten der Anrechnung des Einkommens von Verwandten sind in § 1 Absatz 2 Bürgergeld-VO (siehe im MENU unter LINKS) geregelt.
§ 9 Absatz 5 SGB 2 vermutet die Leistungsgewährung zwischen Verwandten unabhängig davon, ob zwischen ihnen eine Unterhaltspflicht besteht.
Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte.
Es gibt widerlegliche und unwiderlegliche gesetzliche Vermutungen (vgl. § 292 ZPO). Kann Herr Arm die gesetzliche Vermutung einer Unterhaltsgewährung durch Frau Reich widerlegen, wenn er beweist, dass sie ihm gar keinen Unterhalt gewährt?
Die Vermutung des § 9 Absatz 5 SGB 2 ist widerleglich.
Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte.
Es gibt widerlegliche und unwiderlegliche gesetzliche Vermutungen (vgl. § 292 ZPO). Wie kann Herr Arm die gesetzliche Vermutung einer Unterhaltsgewährung von Frau Reich an ihn durch Beweismittel widerlegen?
Urkunden und Zeugenaussagen sind Beweismittel. Da Unterhalt in Geld oder in Naturalien (vgl. § 1612 BGB) erbracht werden kann, kann die Vermutung einer Unterhaltsgewährung nicht allein durch die Vorlage von Kontoauszügen widerlegt werden, sondern Herr Arm muss beweisen, dass er von Frau Reich keine Leistungen erhalten hat. Darunter fallen alle geldwerten Vorteile (z.B. auch die kostenlose Nutzung eines Grundstücks oder eines Autos oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie kochen, waschen, putzen, usw.).