1. Begründung einer Bedarfsgemeinschaft (15 Aufgaben, 3 Erklärvideos, 1 PowerPoint)
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Wer kann eine Bedarfsgemeinschft begründen?


A. Ein 15jähriger gesunder Schüler, der mit seinem 67jährigen Vater in Deutschland in einem Haushalt lebt, wenn beide zusammen hilfebedürftig sind.
B. Ein 30jähriger hilfebedürftiger erwerbsunfähiger Ehemann, der mit seiner erwerbsfähigen volljährigen deutschen Ehefrau in Frankreich wohnt.
C. Eine 45jährige erwerbsunfähige Ehefrau, die mit ihrem 67jährigen erwerbsfähigen Ehemann in Deutschland in einem Haushalt wohnt.
D. Eine 68jährige erwerbsfähige Ehefrau, die mit ihrem 64jährigen erwerbsunfähigen Ehemann und ihrem gesunden 14jährigen Kind in Deutschland wohnt.
E. Keine der genannten Personen kann nach § 7 SGB 2 eine BG begründen.
Begründung: Nur A trifft zu. Da der 15jährige Schüler vom Alter her alle Voraussetzungen des § 7 SGB 2 erfüllt, erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB 2 ist und sich in Deutschland aufhält, kann er eine Bedarfsgemeinschaft begründen und ihm steht Bürgergeld zu, soweit die Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig ist. Sollt die Altersrente den Bedarf des Vaters nicht decken, steht dem Vater für sich allerdings Hilfe wegen voller Erwerbsminderung nach den §§ 41 SGB 12 ff. zu und diese ist gegenüber dem Sozialgeld nach dem SGB 2 nach § 5 Absatz 2 SGB 2 vorrangig. Bei allen anderen Antwortwahlalternativen ist eine der drei Voraussetzungen für die Begründung einer Bedarfsgemeinschaft nicht erfüllt.

2. Definition der Bedarfsgemeinschaft
Welcher Paragraf im SGB 2 definiert, welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören? Das definiert § Absatz 3 SGB 2.
Lösung: 7
Begründung: Das definiert § 7 Absatz 3 SGB 2.

3. Partner

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Herr Müller und Frau Müller sind verheiratet. Aber beide haben schon beim Amtsgericht die Scheidung beantragt. Eine neue Wohnung hat noch keiner der beiden gefunden. Sie bewohnen deshalb getrennte Zimmer in der Ehewohnung und sie wirtschaften voneinander getrennt. Insbesondere kochen und essen beide getrennt. Bilden die beiden noch eine Bedarfsgemeinschaft?


A. Ja. Sie sind verheiratet und leben in einem Haushalt.
B. Nein.
Begründung: Ehegatten, die in einem Haushalt leben, bilden nur dann eine Bedarfsgemeinschaft, wenn beide sich nicht dauernd voneinander getrennt haben. Es ist auch möglich, sich dauern voneinander zu trennen, wenn man vorübergehend weiter in einer Wohnung lebt. Dazu müssen sie allerdings das eheliche Zusammenleben dauerhaft beenden und auch getrennt wirtschaften. Das dies bei Herrn und Frau Müller der Fall ist, bilden sie keine Bedarfsgemeinschaft mehr miteinander. Sofern jeder einzelne die Voraussetzungen für das Bürgergeld erfüllt, hat jeder einen eigenen Anspruch auf Bürgergeld.

4. Dreier WG

Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen.

Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.

Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."

Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit. Wer hat Recht?


A. Das Jobcenter hat Recht.
B. Das Jobcenter hat Recht, solange Frau Arm nicht beweisen kann, dass zwischen ihr und Frau F kein partnerschaftsähnliches Verhältnis besteht.
C. Frau Arm hat Recht, solange das Jobcenter nicht beweisen kann, dass zwischen ihr und Frau F ein partnerschaftsähnliches Verhältnis besteht.
Begründung:

Frau Arm bildet mit Frau F eine Bedarfsgemeinschaft, wenn beide Partner im Sinne von § 7 Absatz 3 SGB 2 sind.

Eine Partnerschaft zwischen unverheirateten (Einstandsgemeinschaft) wird nach § 7 Absatz 3a Nummer 1 SGB 2 vermutet, wenn zwei Menschen mehr als ein Jahr in einem Haushalt leben. Das trifft auf Frau Arm und Frau F zu.

Dabei spielt es keine Rolle ob beide Parter ein verschiedenes Geschlecht haben (eheähnliches Verhältnis) oder ob beide dasselbe Geschlecht haben (partnerschaftsähnliches Verhältnis).

Dass Auch Herr M in derselben Wohnung lebt, steht der Vermutung einer Einstandsgemeinschaft ebenfalls nicht mehr entgegen, weil Frau Arm bereits mitgeteilt hatte, dass sie mit Herrn M kein eheähnliches Verhältnis hat.



5. Widerlegbarkeit der Einstandsvermutung

Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen. Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.

Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."

Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit.

Es gibt widerlegliche und unwiderlegliche gesetzliche Vermutungen (vgl. § 292 ZPO). Kann Frau Arm die gesetzliche Vermutung einer Einstandsgemeinschaft widerlegen, wenn sie beweist, dass zwischen ihr und Frau F kein partnerschaftsähnliches Verhältnis bestehen kann?


A. Ja.
B. Nein.
Begründung:

Da es sich um eine widerlegliche Vermutung handelt, könnte Frau Arm theoretisch das Gegenteil beweisen. Allerdings ist es in der Realität schwierig, Beweismittel dafür zu finden, dass zwei Menschen keine Einstandsgemeinschaft bilden.



6. Beweismittel

Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen. Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.

Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."

Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit.

Die zulässigen Beweismittel sind in den Prozessordnungen (StPO, ZPO, VwGO, FGO, SGG) abschließend aufgezählt. Welche Beweismittel gibt es im Verfahren vor dem Sozialgericht nach § 118 SGG in Verbindung mit der ZPO.


A. Die Aussagen des Klägers.
B. Zeugenaussagen.
C. Gutachten von gerichtlich bestellten Sachverständigen.
D. Verlesung von Urkunden.
E. Inaugenscheinnahme durch das Gericht.
F. Die Aussagen der beklagten Behörde.
Begründung:

Nach § 118 SGG in Verbindung mit den §§ 358 ff. ZPO sind die Beweismittel abschließend aufgezählt:

Dazu zählen nach den §§ 373 ff. ZPO Zeugenaussagen, nach den §§ 392 ff. ZPO Sachverständigengutachten, nach den §§ 415 ff. ZPO Urkunden und nach den § 371 ZPO die Inaugenscheinnahme durch das Gericht.

Auf die Vorschriften über die Parteivernehmung von Kläger und Beklagtem in den §§ 445 ff. ZPO wird in § 118 SGG kein Bezug genommen. Anders als Zeugen sind die Aussagen der Prozessparteien kein Beweismittel.



7. Dreier WG

Frau Arm lebt seit Jahren von Bürgergeld. Vor etwas über einem Jahr ist sie mit Herrn M und mit Frau F, die nicht miteinander verheiratet sind, in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen. Herr M und Frau F haben beide ein gutes Einkommen.

Deswegen hatte Frau Arm letzten Monat elektronische Post vom Jobcenter. Die wollten wissen, ob Frau Arm mit Herrn M ein eheähnliches Verhältnis hat. Das hatte Frau Arm in ihrem elektronischen Antwortschreiben energisch abgestritten. Daraufhin hatte das Jobcenter elektronisch wie folgt geantwortet: "Da Sie bestreiten, ein eheähnliches Verhältnis mit Herrn M zu haben, müssen wir nunmehr aufgrund ihres Zusammenlebens mit Frau F davon ausgehen, dass Sie ein partnerschaftsähnliches Verhältnis mit Frau F haben. Ergänzen Sie in ihrem elektronischen Antrag auf Bürgergeld bitte Frau F als Mitglied in ihrer Bedarfsgemeinschaft und geben Sie in dem Antrag auch deren Einkommen an und schicken Sie uns deren Einkommensnachweise."

Frau Arm und Frau F sind beide empört, dass ihnen vom Jobcenter einfach unterstellt wird, eine lesbische Beziehung miteinander zu führen und halten das für eine Frechheit.

Die zulässigen Beweismittel sind in den Prozessordnungen (StPO, ZPO, VwGO, FGO, SGG) abschließend aufgezählt. Wie kann Frau Arm beweisen, dass sie mit Frau F keine Einstandsgemeinschaft bildet?


A. Wenn Frau F als Zeugin aussagt, dass sie getrennte Fächer im Kühlschrank haben und zwischen beiden keine sexuelle Beziehung besteht.
B. Wenn Frau F als Zeugin aussagt, dass sie selbst und Frau Arm sexuelle Beziehungen nur mit Männern und nicht mit Frauen haben.
C. Wenn Frau F und Herr M beide als Zeugen aussagen, dass sie ein eheähnliches Verhältnis miteinander haben.
D. Wenn Frau F anbietet, die Wohnung in Augenschein zu nehmen, in der Frau F und Frau Arm getrennte Zimmer mit jeweils einem kleinen Bett haben.
E. Es ist Frau Arm nicht möglich, den Beweis zu führen, dass sie mit Frau F keine Einstandsgemeinschaft bildet.
Begründung:

Ob Frau Arm mit Frau F wirklich eine sexuelle Beziehung miteinander haben, ist für das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft irrelevant. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die beteiligten heterosexuell, homosexuell oder bisexuell orientiert sind. Aus dem gleichen Grund ist es irrelevant wie viele Betten es in der Wohnung gibt, wie groß diese sind, wie weit sie voneinander entfernt stehen und wer welches benutzt.

Zum Wesen einer Einstandsgemeinschaft gehört es dagegen, dass man gemeinsam wirtschaftet (Aufteilung der Miete, gemeinsames Einkaufen, Nutzung eines gemeinsamen Autos, usw.). Mit der Einrichtung getrennter Fächer im Kühlschrank kann man jedoch nicht beweisen, dass es überhaupt kein gemeinsames Wirtschaften gibt.

Ein eheähnliches oder partnerschaftsähnliches Verhältnis sind exklusiv: Jeder darf nur einen Partner haben. In Deutschland gilt das Prinzip der Einehe(vgl. § 172 StGB). Das gilt für eheähnliche oder partnerschaftsähnliche Verhältnisse entsprechend, auch wenn die Strafbarkeit der Doppelehe auf eheähnliche oder partnerschaftsähnliche Verhältnisse keine Anwendung finden kann. Wenn Frau Arm also beweisen kann, dass Frau F schon in einem eheähnlichen Verhältnis mit Herrn M lebt, steht dies deshalb der Vermutung eines zeitgleichen partnerschaftsähnlichen Verhältnisses zwischen Frau F und Frau Arm entgegen.



8. Kinder

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Herr und Frau Arm sind seit mehreren Jahren arbeitslos. Ihr 17jähriger Sohn lebt in ihrem Haushalt. Er ist bereits im dritten Ausbildungsjahr und erhält eine Ausbildungsvergütung, die seinen Regelbedarf und seinen anteiligen Unterkunftsbedarf übersteigt.

Gehört der 17jährige Sohn mit zur Bedarfsgemeinschaft?


A. Nein. Weil er nach § 7 Absatz 5 SGB 2 von SGB2-Leistungen mit Ausnahme des Mehrbedarfs nach § 27 SGB 2 ausgeschlossen ist.
B. Nein. Weil er seinen Unterhalt aus seinem Einkommen bestreiten kann. Denn zum Unterhalt benötigt er nur den Regelbedarf und die anteiligen Unterkunftskosten. Und beides ist durch seine Ausbildungsvergütung gedeckt.
C. Ja. Nach § 7 Absatz 3 Nummer 4 SGB 2 ist S Teil der Bedarfsgemeinschaft.
D. Ja. Minderjährige Kinder sind immer Teil der Bedarfsgemeinschaft eines Elternteils, solange sie mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt wohnen.
Begründung: Nur Antwort B trifft zu. Nach § 7 Absatz 3 Nummer 4 SGB 2 gehören im Haushalt lebende minderjährige Kinder nur zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem eigenen Einkommen bestreiten können. Das trifft auf den 17jährigen Sohn nicht zu, weil er seinen Unterhalt aus seinem Einkommen bestreiten kann. Denn zum Unterhalt benötigt er nur den Regelbedarf und die anteiligen Unterkunftskosten. Und beides ist durch seine Ausbildungsvergütung gedeckt. Antwort A trifft nicht zu, weil die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft nur von den Voraussetzungen des § 7 Absatz 3 Nummer 4 SGB 2 und nicht vom Ausschluss der Berechtigung nach § 7 Absatz 5 SGB 2 abhängt. Wenn eine Person der Bedarfsgemeinschaft angehört, die von der Berechtigung ausgeschlossen ist, wird lediglich deren Bedarf nicht zugunsten der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt, wohl aber deren Einkommen.

9. Wohnort

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Zu einer Bedarfsgemeinschft können nur Personen gehören, die in demselben Haushalt wohnen. Wonach beurteilt sich, ob mehrere Menschen in demselben Haushalt wohnen?


A. Nach dem tatsächlichen überwiegenden gewöhnlichen Aufenthaltsort der beteiligten Personen.
B. Nach dem Erstwohnsitz der beteiligten Personen (polizeiliche Meldung).
Begründung:

Anders als das Melderecht gibt es nach dem Sozialrecht nicht mehrere Wohnorte, sondern maßgeblich ist nach § 30 Absatz 3 SGB 1 immer der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes. Das ist der Ort, an dem sich eine Person überwiegend aufhält.



10. Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten
Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Bilden die beiden eine Bedarfsgemeinschaft?
A. Ja.
B. Nein.
C. Es kommt auf das Einkommen von Frau Reich an.
Begründung:

Zur Bedarfsgemeinschaft des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehören nach § 7 Absatz 3 SGB 2 nur dessen Partner und dessen Kinder. Geschwister sind weder Partner noch Kinder und gehören deswegen nicht zur Bedarfsgemeinschaft.

Anders stellt sich die Rechtlage dar, wenn Geschwister zusammen mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft wohnen. Aber das trifft auf Herrn Arm und Frau Reich nicht zu.



11. Unterhalt
Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte. Hat Herr Arm gegen Frau Reich einen Unterhaltsanspruch?
A. Ja. Weil Herr Arm mit Frau Reich verwandt ist, weil er bedürftig ist, und weil sie leistungsfähig ist.
B. Nein. Das kommt gar nicht in Frage, weil die Voraussetzungen für Unterhalt nicht vorliegen.
Begründung:

Nach § 1601 BGB schulden nur Verwandte in gerader Linie einander Unterhalt. Geschwister sind aber nach § 1589 BGB Verwandte in Seitenlinie.



12. Vermutung einer Leistungsgewährung durch Verwandte
Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte. Insgesamt hat Frau Reich monatliche Einkünfte von über 5000 €. Darf das Jobcenter das Einkommen von Frau Reich auf den Bedarf von Herrn Arm anrechnen?
A. Ja.
B. Nein.
Begründung:

Ob vermutet werden darf, dass Verwandte einander Unterhalt gewähren, ist in § 9 Absatz 5 SGB 2 geregelt. Es darf vermutet werden, wenn beide Verwandte in einem Haushalt leben und der Verwandte mit dem höheren Einkommen über so viel Einkommen verfügt, dass erwartet werden kann, dass er davon neben seinem eigenen Unterhalt den Bedarf des anderen decken kann. Angesichts der Einkommenssituation von Frau Reich trifft dies auf sie zu. Die Einzelheiten der Anrechnung des Einkommens von Verwandten sind in § 1 Absatz 2 Bürgergeld-VO (siehe im MENU unter LINKS) geregelt.



13. Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten
Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte. Insgesamt hat Frau Reich monatliche Einkünfte von über 5000 €. Gilt die Vermutung einer Leistungsgewährung auch im Verhältnis zwischen Verwandten, die einander gar nicht unterhaltspflichtig sind?
A. Ja.
B. Nein.
Begründung:

§ 9 Absatz 5 SGB 2 vermutet die Leistungsgewährung zwischen Verwandten unabhängig davon, ob zwischen ihnen eine Unterhaltspflicht besteht.



14. Widerleglichkeit

Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte.

Es gibt widerlegliche und unwiderlegliche gesetzliche Vermutungen (vgl. § 292 ZPO). Kann Herr Arm die gesetzliche Vermutung einer Unterhaltsgewährung durch Frau Reich widerlegen, wenn er beweist, dass sie ihm gar keinen Unterhalt gewährt?


A. Ja.
B. Nein.
Begründung:

Die Vermutung des § 9 Absatz 5 SGB 2 ist widerleglich.



15. Beweismittel

Herr Arm bezieht seit Jahren Bürgergeld. Jetzt ist Herr Arm zu seiner inzwischen verwitweten Schwester Frau Reich in deren Haus gezogen. Frau Reich bekommt eine sehr hohe Rente und hat auch Kapitaleinkünfte.

Es gibt widerlegliche und unwiderlegliche gesetzliche Vermutungen (vgl. § 292 ZPO). Wie kann Herr Arm die gesetzliche Vermutung einer Unterhaltsgewährung von Frau Reich an ihn durch Beweismittel widerlegen?


A. Durch die Vorlage von Kontoauszügen für das letzte Jahr (Urkunden), aus denen sich ergibt, dass Herr Arm bisher keine Zahlungen von Frau Reich erhalten hat und dass er Miete an sie bezahlt.
B. Wenn Frau Reich bestätigt (Zeugenaussage), dass sie getrennt gewirtschaftet haben und Herr Reich von ihr keine Zahlungen und auch keine anderen geldwerten Vorteile wie kostenloses Essen, Wohnraum oder Dienstleistungen erhalten hat.
Begründung:

Urkunden und Zeugenaussagen sind Beweismittel. Da Unterhalt in Geld oder in Naturalien (vgl. § 1612 BGB) erbracht werden kann, kann die Vermutung einer Unterhaltsgewährung nicht allein durch die Vorlage von Kontoauszügen widerlegt werden, sondern Herr Arm muss beweisen, dass er von Frau Reich keine Leistungen erhalten hat. Darunter fallen alle geldwerten Vorteile (z.B. auch die kostenlose Nutzung eines Grundstücks oder eines Autos oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie kochen, waschen, putzen, usw.).